Kunst Halle Krems: zwischen den Zeiten
Kunsthalle Krems, 06.12.2005 | Isabella Marboe

Mit “Real. Junges Österreich” startet die Kunsthalle Krems eine neue Ausstellungsreihe, die sich dem Gegenständlichen und dem Nachwuchs verschrieben hat. Tayfun Belgin und Hartwig Knack richten den Blick auf 15 newcomer, die wieder ihren Blick auf die Welt und die realistischer Erscheinungsformen der letzten Dekaden warfen. Darstellerische Souveränität paart sich durchwegs mit tiefsitzender Realitätsskepsis, was eine sehr niveauvolle Schau und viele neue Gegenständlichkeiten ergibt. Zu trauen ist den schönen Bildern nie, die Irritation immanent, ungreifbar entschlüpft das Eigentliche in die Leere zwischen Zeiten, Orten und Räumen.

Aus dem, was man nicht sieht, generiert Caroline Heider Spannung und neue Sichtweisen: aus alten Fotos eliminiert sie durch Faltung den ursprünglichen Fokus, in der Serie “have-nots” weckt eine junge Frau zwischen bunten Plastiksäcken Neugier, im Video fesseln Touristenmassen und ihr rituelles Sight-seeing den Blick. Wie hinter farbgefilteren, zarten Tapetenmusterschleiern erscheinen Londoner Stadtszenen in Maria Pia Lattanzi fein entrückter Malerei. Körper, die ins Wasser tauchen, fokussiert Agnes Rossa: faszinierend bannt sie den Zustand des Entgleitens fotografisch in Leuchtkästen oder setzt ihn malerisch um suggestive Freiflächen und Unschärfen bereichert um. Im Fluidum verliert alles Kontur.

In tiefes Nachtschwarz, sexy Unterwäsche und hartes Scheinwerferlicht taucht Bianca Maria Regl sich und ihre Freundinnen: kraftvoll sinnliche Malerei stellt Palmers und Werbe-Erotik in ihren schwarzen Schatten. Unschärfe umgibt die Jugendlichen in Lutz Ulrich Bielefelds Bildern, die auf diffusen, charakterlosen Hintergründen keinen Halt finden. Accessoir-bestückte beautiful people oder Filmhelden setzt Wolfgang Dieter Bauer in klischeeträchtig luxuriöses oder alpines Ambiente: aalglatte Bilder, an deren konstruierter Oberfläche man abgleitet. In stark reduzierter Farbigkeit reflektiert Johannes Hierzenberger Role-Models, zwei scharfgestochene Porträts lassen an den Fotorealismus der 70er denken.

Ausgiebig durchwühlte Robert Freund die einschlägige Stilkiste: brachialgewaltig treffen unter Titeln wie “Triebwerksschaden” Horrorszenarien, fantastischer Realismus, Schrauben, Axonomometriegitter aus dem Computer und Neonfarben aufeinander.

(3504 Krems, Steiner Landstrasse 8, bis 12.02.2006)
Isabella Marboe